Religionspädagogischer Abend 2023

Religionspädagogischer Abend 2023: Wieviel und welche Theologie braucht der Religionsunterricht?

Am Freitag den 08.09. fand (endlich wieder) der „Religionspädagogische Abend“ statt, zu dem wir - auch nach fast vier Jahren Pause - wieder viele Religionslehrkräfte begrüßen konnten. Mit Bischof Overbeck feierten wir gemeinsam mit allen Teilnehmenden eine musikalische Vesper in der AkademieKirche. Kirchenmusiker Stefan Glaser und Popkantorin Lina Wittemeier unterstützten und begleiteten den Gesang aller Mitfeiernden und trugen damit schon zu Beginn zum „guten Ton“ der Veranstaltung bei.

Im Auditorium begrüßte Frau Dr. Wolf die Teilnehmenden und stellte das neue Ressort Kulturentwicklung vor. Dabei erläuterte Sie sowohl den Kulturbegriff als auch die Neuaufstellung der Abteilung Religionsunterricht und Schulkultur. Herr Rulands hielt ein kurzes Grußwort, bevor Frau Eichwald-Wiesten den Referenten des Abends, Prof. Dr. Oliver Reis, Paderborn, vorstellte und kurz in das Thema einführte.

Im Mittelpunkt der Ausführungen von Prof. Dr. Reis stand die Frage wie viel und von welcher Theologie der Religionsunterricht braucht. Damit verbunden setzte er sich mit der Frage auseinander, was der RU gewinnt und verliert ohne theologische Bildung. Die Individualisierung religiöser Meinungen und Einstellungen hat die Relevanz der Theologie für den Religionsunterricht nicht unberührt gelassen. Denn die Autorität der Theologie beruht nach Englert auf der grundsätzlichen Akzeptanz einer religiösen Tradition und ihrer Sozialgestalt (Kirche), in der man seine eigene religiöse Position sucht und im Idealfall findet.

Prof. Reis weist in diesem Zusammenhang zunächst die religiöse Praxis in der Gesellschaft hin. Er stellt in Frage, inwiefern Lehrkräfte und Schüler:innen noch einer religiösen Praxis nachgehen. Seiner Beobachtung nach, ist das nur noch selten der Fall. Das Problem dahinter ist, dass Theologie – als Sprechen über Gott und Glauben – dann entkoppelt von religiöser Praxis stattfindet und damit eine Variable in der Religionspädagogik darstellt. Eine Forderung seines Vortrags: den Platz der Praxis wieder mehr in den Blick zu nehmen.

Ausgehend von einem Unterrichtsdialog erklärte er verschiedene Arten der Theologie. Auf Grundlage von Prof. Englert unterscheidet er grob wissenschaftliche, lehramtliche sowie hybride Theologie voneinander. Dabei ist hybride Theologie, die nur gelten lässt, was der eigenen Erfahrung und den eigenen Plausibilitätsmustern entspricht, die Form, die er gegenwärtig in Schule beobachtet. Allerdings hat diese das Defizit, dass sie inkonsistent ist und ihren eigenen Referenzraum eröffnet. Hingegen stehen für lehramtliche Theologie das Lehramt und für wissenschaftliche Theologie die Hochschulen und Fakultäten als Resonanzraum zur Verfügung. Es ist die Aufgabe, das Hybride zu vermeiden und Geltungsansprüche zu vertreten. Diese sind laut Reis notwendig für den Bildungsprozess. Prof. Dr. Reis kritisierte auch, dass die Bezugnahme auf wissenschaftliche Theologie in der Religionsdidaktik oft fehlt – lehramtliche Theologie wird lang schon nicht mehr eingespielt. Für wichtig erachtet er das Verständnis, warum und wie der Glaube trägt und welche Auswirkungen religiöse Sätze auf uns haben. Und damit, dass es im Religionsunterricht beides braucht: lehramtliche und wissenschaftliche Theologie.

Im Anschluss fand ein Podiumsgespräch mit dem Bischof, Prof. Dr. Reis und Dr. Christian Uhrig (Berufskolleg, Essen) statt. Die Lehrkräfte im Auditorium hatten die Möglichkeit, Fragen zu stellen und ihre Meinung zu äußern. Das Podiumsgespräch führte zu dem Fazit, dass Lehrkräfte eine stimmige theologische Achse benötigen. Es muss zukünftig darüber diskutiert werden, was getan werden kann, um diese Achse aufzubauen, zu stärken. Vielleicht auch wie man (wieder) eigene (religiöse) Praktiken finden kann. Es wurde betont, dass eine breit angelegte Theologie in der Didaktik notwendig ist, die alle Modelle einschließt. Eine klare Achse und ein sich dann weitender Blick wurden als entscheidend für zukünftig guten Religionsunterricht angesehen, der dann den Horizont der Jugendlichen erweitern und auch Orientierung bieten kann.

Rege Diskussionen und ein guter Austausch bei kühlen Getränken und einem Imbiss rundeten den Abend ab.

Der Religionspädagogische Abend war ein Erfolg und hat gezeigt, wie wichtig es ist, sich mit religiöser Praxis und theologischer Bildung auseinanderzusetzen.

Wir bedanken uns herzlich, dass so viele von Ihnen dabei gewesen sind und freuen uns schon, Sie im kommenden Jahr wieder begrüßen zu dürfen.