Martin Gerste: Ist das Anfertigen von Hostien nicht bloß in Klöstern verortet? Wie kommt es, dass Sie Hostien herstellen dürfen?
Thomas Held: Ich habe 20 Jahre mit Obdachlosen, psychisch Kranken und Strafentlassenen in einer katholischen Lebensgemeinschaft gelebt. In Deutschland durften wir 1994 mit dieser Gemeinschaft in den Südflügel eines Klosters einziehen, in dem eine stillgelegte Hostienbäckerei war. Das Bistum fragte uns, ob wir nicht die Hostienbäckerei wieder aufleben lassen wollen. Da es eine schöne Möglichkeit war, innerhalb des Hauses, in dem wir wohnten, unseren Lebensunterhalt zu verdienen sagten wir „Ja!“.
Martin Gerste: Wie viele Hostien stellen Sie pro Monat in ihrer gläsernen Hostienbäckerei her? Und wohin verschicken Sie diese?
Thomas Held: Im Monat stellen wir ungefähr 800.000 Hostien her. Die Hostien verschicken wir hauptsächlich nach Deutschland. Aber auch Kirchengemeinden aus dem EU-Ausland bestellen über unseren Internetshop gerne Hostien bei uns.
Martin Gerste: Wieviel Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben Sie?
Thomas Held: Wir haben zwei Mitarbeiterinnen. Früher waren es vier, aber wegen dem starken Rückgang des Hostienverkaufs und der Führungen durch die Coronamaßnahmen musste ich leider zwei Mitarbeiterinnen entlassen.
Martin Gerste: Was dürfen Ihre Gäste, die bei Ihnen eine Besichtigung buchen, erwarten; wie sieht Ihr Programm aus?
Thomas Held: Buchbar ist natürlich die Führung durch die Hostienbäckerei an sich, die mit einer Katechese über den Ursprung der Eucharistie beginnt. Viele wollen aber zusätzlich auch mit ihren Kindern bei uns die Hostien für die Erstkommunion ausstanzen. Ebenso wird auch fürs Essen gerne unser Café „Manna“ gebucht, in dem wir das anbieten, was Kinder gerne Essen … z.B. Pommes! Wir haben uns auf die schnelle Essensausgabe für Gruppen bis 60 Personen spezialisiert.
Martin Gerste: Ich durfte selbst schon einmal eine Ihrer Darbietung erleben: Sie starten mit einem sehr lebendigen Vortrag, in dem sie den Bogen in fachkundigem Bibelbezug von der Flucht der Israeliten vor den Ägyptern bis hin zum letzten Abendmahl Jesu schlagen. Wie Sie selbst formulierten hat es die Hostienbäckerei doch auch nicht immer leicht. Was ist Ihr persönlicher Antrieb?
Thomas Held: Ja, der Glaube an Gott, an Jesus, seinen Sohn und an seine lebendige Gegenwart im eucharistischen Brot sind mir sehr wichtig! Ich kann sagen, dass es das Letztendliche ist, was mich dazu bewogen hat, eine Gläserne Hostienbäckerei, die man besuchen kann, zu eröffnen. Für mich als Getaufter ist es ein besonderes Privileg, über das Medium der Hostie meinen von meiner Kirche tradierten Glauben in lebendiger Form an die Besucher weiterzugeben.
Martin Gerste: Sie haben zwei besondere Gemälde in Ihrem Hause (in den Schauräumen) hängen. Diese werden inhaltlich ja in Ihren Vortrag eingebunden. Was hat es damit auf sich?
Thomas Held: Für viele von uns ist das Leben recht durchgeplant. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass, wenn wir Gott Raum geben, uns in unserem Leben zu überraschen, das oft spannend und mit positiven Überraschungen verbunden ist. Ich habe der französischen Ordensschwester freie Hand gelassen, was sie auf dem Bild darstellen soll. Ihre freie Entscheidung ihr Bild so zu malen, wie sie es gemalt hat, hat mich dazu inspiriert, meine Katechese auf diese Bilder aufzubauen. Ich habe in den Jahren, in denen die Bilder an der Wand hängen viele wertvolle Hinweise von Besuchern bekommen, die ich in meinen Vortrag eingeflochten habe.
Martin Gerste: Und nach Ihrem Vortrag geht es in die Praxis über und die gläsernen Arbeitsräume werden besucht. Welche Räume finden die Besucher vor und was wird dort gemacht?
Thomas Held: Zuerst gehen wir zum Backraum dort erkläre ich den Ablauf des Backens an der laufenden Maschine. Dann geht es weiter zum Feuchteraum, dem Bohrraum und dem Packraum. Wer wissen will, was da genau gemacht wird, kann mich gerne einmal besuchen kommen!
Martin Gerste: Zu guter Letzt dürfen die Besucher - auch ganze Schulklassen - selbst tätig werden. Wie kamen Sie darauf, nicht nur Schauräume zu haben, sondern ihre Besucher*innen, vor allem auch die Kinder selbst einzelne Arbeitsschritte ausprobieren zu lassen?
Thomas Held: Das Stanzen der Hostien für die Erstkommunionmesse oder auch andere Messen gibt es seit dem Weltjugendtag 2005 in Köln. Da haben wir mit Jugendlichen eine Million Hostien hergestellt für die Abschlußmesse mit Papst Benedikt XVI.. Da unser Hostienbohrer zu gefährlich ist, um ungelernt damit Hostien herzustellen, haben wir eine Hostienstanze gekauft. Am Anfang haben wir die Kinder einfach so Hostien stanzen lassen, damit sie erleben können, wie das geht. Mit der Zeit wollten die Besucher die Hostien mit nach Hause nehmen in ihre Pfarrei für die Erstkommunionmesse. Wir hatten das nicht geplant. Es hat sich einfach so entwickelt, wie so Vieles…
Martin Gerste: Wie können Schulklassen bei Ihnen eine Führung buchen?
Thomas Held: Zuerst kann man sich über einen Besuch bei uns im Internet auf unserer Homepage www.hostie.de kundig machen. Dort gibt es auch ein Video, wie die Hostien gestanzt werden oder wie die Jugendlichen für den Weltjugendtag die Hostien hergestellt haben. Es gibt sogar einen Film, von Willi Weitzel („Willi wills wissen!“) oder der Tagesschau bei uns zu finden. Dort findet sich auch immer eine aktuelle Preisliste für Führungen. Termine können Sie ganz einfach telefonisch (bitte nur telefonisch) bei uns buchen.